Als Ariana Röthlisberger klein war, hat ihr Vater ein Entwicklungshilfeprojekt in Nepal und Bolivien geleitet. Das bescherte ihr eine traumhafte Kindheit in der Natur. Die Liebe zur Bewegung lebt die Schweizerin mit Background als Fitnessinstruktorin weiterhin beim Klettern, Yoga, Joggen, Krafttraining oder Wandern aus. Als Precision Nutrition Coach beschäftigt sie sich zudem intensiv mit Ernährung. Sie sagt: Viele Menschen überschätzen, wie gesund sie sich wirklich ernähren.
Du liest unzählige Bücher und Blogs zum Thema Sport und Ernährung – von denen sich viele widersprechen. Wie können wir herausfinden, was wirklich das Richtige für uns ist?
Wenn man wirklich wissen möchte, was das Richtige ist, kommt man um zwei Dinge nicht herum: Einerseits muss man sich laufend weiterbilden. Bücher oder wissenschaftliche Blogs sind besser als zum Beispiel Magazine. Nur so bleibt man auf dem aktuellen Stand und verfügt irgendwann über das nötige Wissen, um einen Text einschätzen zu können. Gleichzeitig hilft es, seinen eigenen Körper zu beobachten. Wie reagiert er auf was? Reichen mir tatsächlich sieben Stunden Schlaf? Fühle ich mich mit Low Carb fitter oder schlapper? Ich war zum Beispiel immer davon überzeugt, dass die Paleo-Ernährung eine der gesündesten Ernährungsformen ist. Allerdings können manche Körper besser mit einer starken Reduktion der Kohlenhydrate umgehen – andere schlechter. Bei mir ist es sehr schnell gescheitert, da mein Körper einfach nicht klargekommen ist.
Viele Medien schreiben, dass bei einigermaßen gesunder Ernährung zusätzliche Vitamine unnötig seien. Warum siehst du das kritisch?
Ich sehe das ziemlich kritisch, da hier wieder alle Menschen in einen Topf geworfen werden. Die meisten können sich schon mal nicht einigen, was eine „gesunde Ernährung“ ist, und haben schnell das Gefühl, dass sie sich ausgewogen ernähren. Womöglich essen sie jedoch zu wenig (Diäten), haben einen erhöhten Bedarf (Sportler), zerstören viele Vitamine bei der Zubereitung oder ernähren sich doch nicht ganz so gesund, wie sie denken. Um herauszufinden, ob man zusätzliche Vitamine braucht, ist ein medizinischer Test immer der beste Weg.
Warum beinhalten unsere Lebensmittel oft nicht den Vitamingehalt, den wir uns davon erhoffen?
Gerade Obst und Gemüse wird oft schon nicht optimal gezüchtet – zum Beispiel auf nährstoffarmen Böden – und danach viel zu lange gelagert oder transportiert. Durch gründliches Schrubben und langes Kochen zerstören wir dann noch den letzten Rest der Vitamine. Natürlich hat selbst so eine Karotte noch mehr Vitamine zu bieten als die Pasta – aber doch nicht ganz so viele wie zum Beispiel in einem Nachschlagewerk steht.
Woher weiß ich, ob ich zusätzliche Vitamine brauche, und vor allem welche?
Die beste Methode ist immer ein Test, den man bei einem Arzt durchführen oder zu Hause machen kann, indem man einige Bluttropfen in ein Labor einschickt. Wenn man schon über ein großes Wissen verfügt und den eigenen Körper sehr gut kennt, lässt sich der eigene Bedarf oft auch sehr gut selbst einschätzen. So brauchen Sportler zum Beispiel mehr Magnesium und im Winter hilft zusätzliches Vitamin C fast jedem dabei, sein Immunsystem auf Trab zu halten. Ich empfehle dennoch, die eigenen Einschätzungen regelmäßig zu überprüfen.
Gesunde Ernährung: auf Dauer nicht so einfach durchzuhalten. Hast du einen Tipp für jemanden, der seine Ernährung nachhaltig umstellen möchte?
Ich empfehle immer, mit ganz kleinen Schritten zu beginnen. Winzig kleinen. Wirklich superkleinen. Man muss auf die Frage „Wie schwer fällt mir diese Änderung? Kann ich diese locker ein Jahr durchhalten?“ immer mit „Ja natürlich, gar kein Problem“ antworten können. So dauert die Umstellung zwar länger – sie ist jedoch gefühlt viel leichter und deutlich langfristiger. Also nicht gleich den ganzen Zucker streichen, sondern vielleicht nur einen Tag nichts Süßes essen. Oder nur einen Riegel statt zwei. Und erst wenn das reibungslos geht, kümmert man sich um den nächsten Schritt.
Du beschäftigst dich auch mit dem Einfluss der Psyche auf unsere Gesundheit. Wie hast du diesen Zusammenhang gemerkt?
Damit könnte ich jetzt ein ganzes Buch füllen. Ich glaube, man merkt das immer und überall. Wenn wir zum Beispiel Stress nehmen, so kann das zu „Stressessen“ führen, zu weniger Schlaf, zu zahlreichen stressbedingten Krankheiten und zu einer Gewichtszunahme. So etwas zu spüren ist immer nur der erste Schritt – es dann zu ändern ist eine ganz andere Geschichte. Wenn jemand diese Zusammenhänge noch nicht so deutlich merkt, hilft es zum Beispiel, wenn man regelmäßig Tagebuch führt und dabei sowohl notiert, wie es einem emotional geht, als auch wie man sich körperlich fühlt. Dadurch werden Zusammenhänge plötzlich glasklar.
Hast du ein Beispiel?
Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich bei großem Stress automatisch schlechter schlafe. Bekomme ich nicht meine 7,5 bis 8 Stunden Schlaf pro Nacht, werde ich anfälliger gegenüber Erkältungsviren. Für mich ist ein leichtes Halsweh daher immer ein Zeichen, dass ich zu gestresst bin oder zu wenig schlafe. Wenn ich das sofort wieder ändere, kann ich die meisten Erkältungen vermeiden.
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