Seit Ende Dezember sind die ersten Coronavirus-Impfungen in Europa zugelassen, besonders gefährdete Personengruppen werden nach und nach geimpft. Doch bis die Impfungen die COVID-19-Pandemie effektiv eindämmen können, wird es noch Monate dauern.
In unserem cerascreen® Newsblog erklären wir Ihnen zentrale Begriffe und beantworten wichtige Fragen rund um das Coronavirus und die COVID-19-Pandemie. Eine Übersicht zu wichtigen Fragen zum Thema finden Sie in unserem Artikel über das Coronavirus und COVID-19.
Diese Woche geht es um Impfungen. Warum legen Expert*innen so grosse Hoffnungen in sie? Wer wird zuerst geimpft und wie lange wird das Impfen der Bevölkerung dauern? Wie funktionieren die mittlerweile zugelassenen Impfstoffe und wie sicher und wirksam sind sie?
Warum ist die Coronavirus-Impfung so wichtig?
In der Medizin sind Impfungen so etwas wie die Königsklasse der Therapien gegen Infektionskrankheiten. Schliesslich behandeln wir mit einer Impfung eine Krankheit, bevor sie entstehen kann.
Und nicht nur das: Eine flächendeckende Impfung erzeugt eine Immunität in der Bevölkerung. Das sorgt im besten Fall dafür, dass sich ein Krankheitserreger, wie ein Virus, kaum noch verbreiten kann. So wurden in der Vergangenheit schon verschiedene Erreger fast oder ganz ausgerottet. Kinderlähmung und Pocken etwa gelten in weiten Teilen Europas als besiegt. Keuchhusten, Masern, Diphterie und Tetanus (Wundstarrkrampf) sind selten geworden [1].
Warum Impfungen gegen COVID-19?
Geht es um das Virus SARS-CoV-2 und die Krankheit COVID-19, ist das Impfen zu einem Rennen gegen die Zeit geworden – das durch das Aufkommen von mutierten, sich schneller verbreitenden Virus-Varianten noch einmal drängender scheint.
Solange es keinen Impfstoff (oder ein sehr wirksames Medikament) gibt, lässt sich die Pandemie nur beenden, wenn sich genug Menschen anstecken, Antikörper bilden und immun werden. Abgesehen davon, dass diese Immunisierung noch nicht ausreichend erforscht ist, hätte das eine dieser beiden Folgen:
- Wir müssten jahrelang mit drastischen Einschränkungen im Alltag leben, damit die Corona-Fälle unsere Krankenhäuser nicht überlasten.
- Wir lassen eine schnellere Ausbreitung zu, was wahrscheinlich mit einem überforderten Gesundheitssystem und vielen Todesfällen einhergehen würde.
Wer erhält die COVID-19-Impfungen zuerst?
In den meisten Kantonen wurde am 4. Januar mit den Impfungen begonnen. Um zu klären, wer sich zuerst impfen lassen kann, hat die Eidgenössische Kommission für Impffragen für die Schweiz Impfempfehlungen erstellt.
- Zielgruppe 1: Besonders gefährdete Personen
- Zielgruppe 2: Gesundheitspersonal mit Patientenkontakt und Betreuungspersonal von besonders gefährdeten Personen
- Zielgruppe 3: Enge Kontakte von besonders gefährdeten Personen, zum Beispiel Haushaltsmitglieder und betreuende Angehörige
- Zielgruppe 4: Personen in Gemeinschaftseinrichtungen mit erhöhtem Risiko von Ansteckungen und Ausbrüchen, zum Beispiel in Behindertenheimen
Als erstes sollen Menschen ab 75 Jahren Zugang zur Impfung erhalten, sowie – unabhängig vom Alter – Personen mit chronischen Krankheiten und höchstem Corona-Risiko. Dann folgen Personen zwischen 65 und 74 Jahren und jüngere Menschen mit chronischen Krankheiten.
Besonders gefährdete Personengruppen möglichst schnell impfen zu können, soll die Anzahl schwerer Verläufe und Todesfälle reduzieren. Damit es in der Gesellschaft zu einer Herdenimmunität kommt und das Virus sich nicht mehr ungebremst verbreiten kann, müssen vermutlich rund zwei Drittel der Bevölkerung geimpft sein. Das wird allerdings noch viele Monate dauern [2].
Schwangere, Stillende sowie Kinder unter 16 Jahren werden zunächst nicht geimpft – es fehlen noch Studiendaten dazu, wie wirksam und sicher die Impfstoffe für diese Gruppen sind.
Weitere Informationen zur Coronavirus-Impfung finden Sie auf der Website des Bundesamts für Gesundheit.
Wie funktioniert die COVID-19-Impfung?
Forscher*innen auf der ganzen Welt arbeiten an Impfstoffen gegen das Coronavirus SARS-COV-2, die Projekte sind in unterschiedlichen Stadien. Eine Handvoll dieser Impfstoffe ist in einigen Ländern bereits zugelassen – in der Europäischen Union sind das bislang die Impfungen der Firmen BioNTech/Pfizer und Moderna. Die Arzneimittelbehörde Swissmedic hat den BioNTech-Impfstoff ab dem 19. Dezember für die Schweiz zugelassen.
Wie wirken die Impfstoffe?
Es handelt sich bei den beiden um die ersten jemals zugelassenen sogenannten mRNA-Impfstoffe. Im Impfstoff sind Erbgut-Schnipsel von SARS-COV-2 enthalten, die vorübergehend in Zellen des Körpers eingebaut werden. Das führt dazu, dass Immunzellen entstehen, die das Virus erkennen und dem Immunsystem ermöglichen, es zu bekämpfen – im besten Fall, bevor es sich ausbreiten kann. Anschliessend wird das Viruserbgut vom Körper schnell wieder abgebaut [3], [4].
Wie effektiv sind die Impfungen?
Nach Angaben des deutschen Robert-Koch-Instituts zeigt die Studienlage, dass beide Impfstoffe sehr effektiv (ca. 95 Prozent Effektivität) sind und geimpfte Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an COVID-19 erkranken. Virolog*innen erwarten ausserdem, dass die Impfungen auch gegen die neue Virus-Variante B.1.1.7. wirksam sind [5].
Ob die Impfung auch dafür sorgt, dass geimpfte Personen das Virus nicht mehr an andere weitergeben können, ist allerdings noch nicht endgültig geklärt.
Für die mRNA-Impfungen erhalten Sie nach dem aktuellen Plan der Ständigen Impfkommission zwei Spritzen mit dem Impfstoff, im Abstand von 21 Tagen (BioNTech) oder 28 Tagen (Moderna) [6].
Gut zu wissen: Effektivität von Impfstoffen. Nicht alle Impfungen gewähren einen hundertprozentigen Schutz. Sie kennen das vielleicht von der Grippeimpfung: Hier besteht immer noch ein kleines Risiko, sich anzustecken. Allerdings fällt die Erkrankung für geimpfte Menschen meist milder aus. So ist das vermutlich auch bei den bisher zugelassenen COVID-19-Impfungen – selbst wenn Sie sich nach einer Impfung dennoch anstecken, senkt der Impfstoff das Risiko für einen schweren Verlauf [6].
An welchen Impfungen wird noch geforscht?
Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt forschen seit rund einem Jahr unter Hochdruck an Impfungen. Mehr als 200 verschiedene Impfstoff-Kandidaten sind mittlerweile in der Entwicklung, dazu gehören „klassische“ Tot- und Lebendimpfstoffe sowie mRNA-Impfungen, aber auch solche mit anderer Wirkweise (Stand 11. Januar 2021) [7],[8].
Gut zu wissen: Wie funktionieren Impfungen? Impfungen regen Ihr Immunsystem dazu an, eine Abwehr gegen einen bestimmten Erreger aufzubauen, zum Beispiel durch die Produktion von Antikörpern. Impfstoffe enthalten dazu meistens entweder lebendige, aber abgeschwächte Krankheitserreger (Lebendimpfstoff) oder tote Zellen der Erreger (Totimpfstoff). Erfolgreiche Impfungen senken das Risiko, dass Menschen sich mit einer Krankheit anstecken und sie weiter verbreiten [1].
Welche Impfung wird als nächstes zugelassen?
Der nächste Impfstoff, der in der Schweiz verfügbar sein wird, ist vermutlich der, den das Phamaunternehmen AstraZeneca zusammen mit der britischen Oxford-Universität entwickelt hat. In Großbritannien ist dieser Impfstoff bereits zugelassen, Swissmedic prüft ihn derzeit für die Schweiz. Bereits im Oktober wurde ein Vertrag geschlossen, mit dem der Bund sich 5,3 Millionen Dosen des Impfstoffs zugesichert hat.
Der AstraZeneca-Impfstoff ist eine Vektor-Impfung: Hierbei läuft die Impfung über ein für Menschen harmloses Virus ab, den Vektor. Zusammen mit diesem Vektor werden "Baupläne" für ein Oberflächenprotein des Coronavirus in den Körper geschleust. Daraufhin kann das Immunsystem eine Abwehr gegen SARS-CoV-2 aufbauen [9].
Wie sicher ist die COVID-19-Impfung?
Einige Menschen sind besorgt, die neuen Impfstoffe könnten nicht gut genug erprobt sein. Normalerweise dauert es tatsächlich mehrere Jahre, bis eine neue Impfung entwickelt ist.
Doch im Falle des Coronavirus wurde auf der ganzen Welt extrem viel Arbeitskraft und Geld investiert, um Prozesse zu beschleunigen. So konnte die Impfstoffentwicklung im Zeitraffer durchgeführt werden, inklusive aller wichtiger Teststadien. Ausserdem liefen viele Vorgänge gleichzeitig ab, die sonst nacheinander stattfinden. Unter anderem haben Impfkommissionen die Impfstoffe bereits parallel zum Ablauf der Impfstudien geprüft.
Die Impfstoffe, die von der Europäischen Union zugelassen wurden, wurden in Studien bereits an zehntausenden von Menschen getestet. Unter Fachleuten gilt die Impfung als sicher [3], [4].
Welche Nebenwirkungen gibt es?
Wie bei allen Impfungen kann es Nebenwirkungen und Impfreaktionen geben – die aber in aller Regel harmlos sind und nur für kurze Zeit bestehen. Todesfälle traten in den Impfstoffstudien nicht auf.
Für den BioNTech/Pfizer-Impfstoff wurden folgende Nebenwirkungen dokumentiert [10]:
- Schmerzen und Rötungen an der Einstichstelle (meist im Oberarm)
- Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen
- Fieber
- schwerer, aber sehr selten, bislang je nur ein Mal aufgetreten: geschwollene Lymphknoten, Schulterverletzung, Herzrhythmusstörung, Missempfindungen am Bein)
Die britische Gesundheitsbehörde NHS empfiehlt ausserdem: Menschen, die schwere Allergien gegen Medikamente, Kosmetikprodukte oder Reinigungsmittel haben, sollten das unbedingt vor der Impfung dem medizinischen Personal mitteilen – in einigen Fällen lösten die Impfstoffe allergische Reaktionen aus [11].
Quellen
[1] Robert Koch-Institut und Paul-Ehrlich-Institut, „Bedeutung von Impfungen - Antworten des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts zu den 20 häufigsten Einwänden gegen das Impfen“. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Bedeutung/Schutzimpfungen_20_Einwaende.html#doc2378400bodyText2 (zugegriffen Apr. 27, 2020).
[2] B. für G. BAG, „Coronavirus: Impfung“. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/impfen.html (zugegriffen Jan. 12, 2021).
[3] L. R. Baden u. a., „Efficacy and Safety of the mRNA-1273 SARS-CoV-2 Vaccine“, N Engl J Med, S. NEJMoa2035389, Dez. 2020, doi: 10.1056/NEJMoa2035389.
[4] F. P. Polack u. a., „Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine“, N Engl J Med, Bd. 383, Nr. 27, S. 2603–2615, Dez. 2020, doi: 10.1056/NEJMoa2034577.
[5] NDR, „Das Coronavirus-Update mit Christian Drosten, Folge 70: Coronavirus-Update: Die Mutanten im Blick behalten“. /nachrichten/info/70-Coronavirus-Update-Die-Mutanten-im-Blick-behalten,podcastcoronavirus276.html (zugegriffen Jan. 11, 2021).
[6] R. Koch-Institut, „Epidemiologisches Bulletin 2/2021“, S. 69, 2021.
[7] T. T. Le u. a., „The COVID-19 vaccine development landscape“, Nature Reviews Drug Discovery, Apr. 2020, doi: 10.1038/d41573-020-00073-5.
[8] Robert-Koch-Institut, „Coronavirus SARS-CoV-2 - SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html (zugegriffen März 31, 2020).
[9] Bundesamt für Gesundheit, „COVID-19-Impfstoff: Bund unterzeichnet Vertrag mit AstraZeneca“. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/das-bag/aktuell/medienmitteilungen.msg-id-80732.html (zugegriffen Jan. 22, 2021).
[10] Robert-Koch-Institut, „RKI - Impfen - Wirksamkeit und Sicherheit (Stand: 23.12.2020)“. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_Wirksamkeit_Sicherheit.html;jsessionid=93C7DAACE7DB1E421494E107E76E8ED1.internet062#FAQId15234230 (zugegriffen Jan. 08, 2021).
[11] National Health Services (NHS), „Coronavirus (COVID-19) vaccine“, nhs.uk, Nov. 26, 2020. https://www.nhs.uk/conditions/coronavirus-covid-19/coronavirus-vaccination/coronavirus-vaccine/ (zugegriffen Jan. 12, 2021).