Wenn Sie regelmässig Magen-Darm-Beschwerden haben, könnte eine Lebensmittelunverträglichkeit dahinter stecken. Häufig sind zum Beispiel Laktoseinoleranz, Fructoseunverträglichkeit und Histaminintoleranz.
Viele Menschen leiden unter Lebensmittelunverträglichkeiten, die ihnen Blähungen, Bauschmerzen, Durchfälle, Abgeschlagenheit und andere unangenehme Beschwerden verursachen – und wissen trotzdem nicht, was sie nicht vertragen. Wie kann das sein? Im Gegensatz zu Allergien lösen Unverträglichkeiten ihre Beschwerden oft zeitverzögert aus. Da ist es schwer, bestimmte Mahlzeiten und Lebensmittel auszumachen, die dahinter stecken.
Doch natürlich gibt es Mittel und Wege, Lebensmittelunverträglichkeiten zu erkennen. Lesen Sie in diesem Artikel, welche Intoleranzen häufig vorkommen und was die typischen Symptome sind. In unseren weiterführenden Artikeln erhalten Sie noch detaillierte Einblicke in die verschiedenen Unverträglichkeiten und die möglichen Diagnosen und Therapien.
Was ist eine Lebensmittelunverträglichkeit?
Lebensmittel-Unverträglichkeiten, auch Intoleranzen genannt, sind darüber definiert, was sie nicht sind: Sie sind keine Reaktion des Immunsystems auf Lebensmittel – sonst wären sie eine Lebensmittelallergie. Unverträglichkeiten entstehen stattdessen meist, weil der Darm bestimmte Bestandteile von Lebensmitteln nicht richtig aufnehmen oder verarbeiten kann. Diese Bestandteile bringen dann Vorgänge in der Verdauung durcheinander, lassen Gase entstehen oder sorgen anderweitig für Probleme.
Zu den Unverträglichkeiten gehören unter anderem die Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) sowie Intoleranzen gegenüber Laktose, Fruktose, Sorbit und Histamin. 15 bis 20 Prozent der Weltbevölkerung sind Expert*innen zufolge von Unverträglichkeiten betroffen, Frauen häufiger als Männer [1,2].
Wie entstehen Lebensmittelunverträglichkeiten?
Die Ursachen einer Lebensmittelunverträglichkeit sind nicht immer eindeutig, mögliche Faktoren sind die genetische Veranlagung und Umwelteinflüsse. Die Entstehung der Intoleranzen sind aber nach wie vor in grossen Teilen ein Rätsel, auch wenn Wissenschaftler*innen in vielen Studien daran forschen [3].
Manche Mechanismen sind bekannt. Bei vielen Intoleranzen fehlen im Darm zum Beispiel Enzyme, die dafür zuständig sind, bestimmte Kohlenhydrate wie Laktose oder Fruktose abzubauen.
Ausserdem können bestimmte Krankheiten Lebensmittelunverträglichkeiten wahrscheinlicher machen, vor allem das Reizdarmsyndrom. In Studien gaben 50 bis 84 Prozent der Menschen, die unter funktionellen Magen-Darm-Störungen wie Reizdarm litten, an, dass ihre Symptome mit bestimmten Lebensmitteln zusammenhängen [1].
Diagnose ist wichtig: In einer Umfrage in Grossbritannien waren 20 Prozent der Menschen der Überzeugung, dass es in ihrem Haushalt Lebensmittelunverträglichkeiten gibt. Untersuchungen zeigten dann aber, dass von diesen 20 Prozent lediglich zwei Prozent von echten Unverträglichkeiten betroffen waren. Ernährungswissenschaftler*innen warnen davor, zu viele Lebensmittel auf Verdacht wegzulassen – so kann es zu Nährstoffmängeln kommen. Lassen Sie sich also beraten und untersuchen und versuchen Sie, eine richtige Diagnose zu erhalten [1,4,5].
Symptome von Lebensmittelunverträglichkeiten
Unverträglichkeiten äussern sich im Gegensatz zu Allergien üblicherweise zeitverzögert. Essen Sie etwas, das Sie nicht vertragen, kann es Stunden dauern, bis sich die Beschwerden einstellen. Das macht es oft schwer, eine Unverträglichkeit zu erkennen und herauszufinden, welches Lebensmittel dahintersteckt.
Die Symptome einer Unverträglichkeit äussern sich meist im Magen-Darm-Bereich. Vor allem unangenehme Blähungen sind typisch, es kann aber auch zu Übelkeit, Verstopfungen, Durchfall und Erbrechen kommen. Hautausschläge und Juckreiz sind ebenfalls möglich.
Weitere mögliche, aber seltenere Symptome sind [6]:
- Kopfschmerzen und Migräne
- Pfeifende Atemgeräusche und eine laufende Nase
- Abgeschlagenheit
Häufige Lebensmittelunverträglichkeiten
Eine Reihe von Unverträglichkeiten verstehen Wissenschaftler*innen heute schon mehr oder weniger gut. Wir wissen in etwa, was dabei im Darm vor sich geht und warum Betroffene bestimmte Lebensmittel nicht mehr vertragen. Gut erforscht sind die Intoleranzen gegenüber Laktose, Fruktose, Sorbit, Histamin sowie die Zöliakie.
Wie die Lebensmittelunverträglichkeiten sich äussern und wie sie festgestellt und behandelt werden ist von Intoleranz zu Intoleranz sehr unterschiedlich. Wir haben in den Abschnitten jeweils unsere Artikel zu den einzelnen Lebensmittelunverträglichkeiten verlinkt – dort finden Sie weitere Informationen .
Laktoseintoleranz
Die häufigste Unverträglichkeit ist die gegenüber dem Milchzucker, die Laktoseintoleranz. Der Milchzucker Laktose kommt in Milch und vielen Milchprodukten vor. In Deutschland betrifft die Laktose-Intoleranz bis zu 15 Prozent der Menschen. In anderen Regionen, vor allem in Asien, ist sie noch häufiger. Bei Betroffen kommt ein bestimmtes Enzym, das die Laktose aufspaltet, im Darm zu selten vor. Der Körper kann den Milchzucker nicht richtig verarbeiten, was Blähungen und Bauchschmerzen mit sich bringt.
Fructose- und Sorbitintoleranz
Wer eine Fructoseintoleranz hat, verträgt den Fruchtzucker Fruktose nicht. Tatsächlich ist eine Fructoseintoleranz im eigentlichen Sinne sehr selten. Häufiger ist eine Fructosemalabsorption, oft auch einfach Fructoseunverträglichkeit genannt.
Die Fruktose verleiht Obst seine Süsse, kommt aber auch in einigen Gemüsesorten vor. Wenn wir Menschen Fructose essen, befördert ein Transporteiweiss den Fruchtzucker aus dem Darm ins Blut. Bei einer Fruktose-Intoleranz funktioniert dieses Transporteiweiss nicht ordnungsgemäss, der Darm kann die Fruktose nicht richtig abbauen. Die Folge: Der Fruchtzucker wird weiter hinten im Verdauungstrakt von Bakterien abgebaut, die dabei Wasserstoff- und Methan-Gase abgeben. Das führt zu Symptomen von Blähungen und Bauchschmerzen bis zu Müdigkeit und Stimmungsschwankungen [7].
Ähnlich verläuft eine Sorbitintoleranz – hier kann der Darm den Zuckeraustauschstoff Sorbit nicht richtig verarbeiten [8].
Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)
Bei einer Zöliakie löst das Klebereiweiss Gluten eine Immunreaktion aus, die zu Entzündungen in der Darmschleimhaut führt und dadurch vor allem zu Magen-Darm-Beschwerden und langfristig zu Nährstoffmangel und Folgeerkrankungen wie Osteoporose und Blutarmut. Gluten kommt in vielen Getreidesorten vor, zum Beispiel in Weizen, Dinkel und Roggen, und in zahlreichen Fertigprodukten – zum Leidwesen der Betroffenen, die sich komplett glutenfrei ernähren müssen.
Es gibt aber noch weitere Unverträglichkeiten gegenüber Gluten oder Weizen, die weder eine Zöliakie noch eine Allergie sind.
Histamin-Intoleranz
Die Histamin-Intoleranz wird auch als Pseudoallergie bezeichnet. Mit einer Lebensmittelallergie hat sie gemeinsam, dass der Botenstoff Histamin zu Beschwerden wie Hautrötungen, Blähungen, Schwindel und einer laufenden Nase führt. Doch während bei der Allergie unsere Immunzellen zu viel Histamin ausschütten, kommt bei der Histamin-Intoleranz vermutlich ein bestimmtes Enzym, das Histamin aus der Nahrung abbaut, im Darm und Blut zu selten vor. Histaminreiche Lebensmittel wie Rotwein, lange gereifter Käse und getrocknete Wurst lösen dann die Symptome aus [9].
Symptome einer Unverträglichkeit können auch auf die Psyche zurückgehen. Zum Beispiel kann es passieren, dass Ihr Gehirn traumatische Erinnerungen mit einem bestimmten Lebensmittel in Verbindung bringt. Manchmal reagiert der Körper dann mit psychosomatischen Beschwerden, wenn Sie das Lebensmittel erneut verzehren [1].
Was sind IgG4-vermittelte Unverträglichkeiten?
Während IgE-Antikörper nachweislich bei Allergien eine Rolle spielen, ist der Zusammenhang zwischen IgG4-Antikörpern und Unverträglichkeiten umstritten. Einer alternativmedizinischen Theorie zufolge steigt die Produktion bestimmter IgG4-Antikörper an, wenn wir ein Lebensmittel nicht vertragen. Das könnte dann verschiedene Abwehr- und Entzündungsreaktionen zur Folge haben – eine IgG4-vermittelte Unverträglichkeit. Die Reaktionen und die damit verbundenen Beschwerden würden dabei zeitverzögert auftreten, teilweise erst Stunden oder Tage, nachdem Sie das Lebensmittel gegessen haben.
IgG4-Werte testen
Die Anzahl der IgG4-Antikörper lässt sich mit einem Bluttest feststellen. Eine hohe Zahl von Antikörpern, die auf ein bestimmtes Lebensmittel abzielen, können der Theorie zufolge ein Hinweis auf eine Unverträglichkeit sein [2].
IgG4-Unverträglichkeitstests sind allerdings umstritten: Viele Forschende und Fachgesellschaften kritisieren, die IgG4-Konzentration lasse lediglich Aussagen darüber zu, inwiefern Menschen bestimmte Lebensmittel gegessen haben. Über mögliche Unverträglichkeiten würden Sie nichts aussagen, sondern sogar eher eine Immuntoleranz anzeigen. Bislang gab es noch keine gross angelegte Studie, die den Zusammenhang zwischen IgG4-Werten und Lebensmittelreaktionen belegen konnte [1, 2].
Intoleranzen gegenüber Histamin, Laktose, Fruktose und Sorbit sowie eine Zöliakie lassen sich nie durch einen IgG4-Unverträglichkeitstest feststellen. Dafür sind jeweils andere, spezielle Blut- oder Atemgasttests nötig.
Wie gehe ich mit IgG4-Testergebnissen um?
Eine erhöhte Zahl von IgG4-Antikörpern bedeutet noch nicht, dass Sie ein Lebensmittel nicht vertragen. Sie können aber die im Test ermittelten Lebensmittel gezielt aus Ihrer Ernährung weglassen und prüfen, ob sich Ihre Beschwerden verbessern. Zeigt Ihnen der Test eine deutliche Reaktion auf ein Nahrungsmittel, streichen Sie es für zwei Wochen aus Ihrem Speiseplan. Verbessern sich Ihre Symptome daraufhin, ist das ein Hinweis, dass eine Unverträglichkeit bestehen könnte. Sie können dann für die nächsten sechs Monate auf das Lebensmittel verzichten. Versuchen Sie danach, es langsam wieder in Ihre Ernährung aufzunehmen.
Eine Alternative ist die sogenannte Rotationsdiät. Mit dieser Diät können Sie mehrere potentielle Unverträglichkeits-Auslöser auslassen. Dazu essen Sie die Lebensmittel, auf die Sie im IgG4-Test reagiert haben, nur alle vier Tage. In der Zwischenzeit kann sich Ihr Darm erholen. Diese Rotation kann bereits dazu führen, dass die Beschwerden deutlich zurückgehen.
Lebensmittelreaktionen: Auf einen Blick
Was ist eine Lebensmittelunverträglichkeit?
Bei einer Unverträglichkeit, auch Intoleranz genannt, entstehen Beschwerden nicht durch Immunreaktionen wie bei einer Allergie. Häufig hat stattdessen der Darm Probleme, bestimmte Bestandteile von Nahrungsmitteln zu verarbeiten, zum Beispiel Gluten, Histamin, Laktose oder Fruktose.
Was sind die Symptome einer Lebensmittelunverträglichkeit?
Im Gegensatz zu einer Lebensmittelallergie zeigt sich eine Unverträglichkeit oft nicht unmittelbar. Symptome treten manchmal erst nach Stunden oder Tagen auf.
Typische Symptome sind Magen-Darm-Beschwerden, vor allem Blähungen, Kopfschmerzen und Migräne, eine laufende Nase, Hautausschläge und Abgeschlagenheit.
Was ist eine IgG4-vermittelte Lebensmittelunverträglichkeit?
Die IgG4-Antikörper des Immunsystems können Theorien zufolge einen Hinweis liefern auf Unverträglichkeiten gegenüber Lebensmitteln. Mithilfe der IgG4-Werte aus einer Blutprobe können Sie Auslass- und Rotationsdiäten angehen, die mehr Ausschluss über Unverträglichkeiten geben und die Beschwerden zurückgehen lassen können.
Quellen
[1] M. C. E. Lomer, „Review article: the aetiology, diagnosis, mechanisms and clinical evidence for food intolerance“, Aliment. Pharmacol. Ther., Bd. 41, Nr. 3, S. 262–275, 2015.
[2] Z. Shakoor, A. Al Faifi, B. Al Amro, L. N. Al Tawil, und R. Y. Al Ohaly, „Prevalence of IgG-mediated food intolerance among patients with allergic symptoms“, Ann. Saudi Med., Bd. 36, Nr. 6, S. 386–390, Dez. 2016.
[3] Y. Zhang u. a., „[Prevalence of self-reported food allergy and food intolerance and their associated factors in 3 - 12 year-old children in 9 areas in China]“, Wei Sheng Yan Jiu, Bd. 44, Nr. 2, S. 226–231, März 2015.
[4] L. Böhn, S. Störsrud, H. Törnblom, U. Bengtsson, und M. Simrén, „Self-reported food-related gastrointestinal symptoms in IBS are common and associated with more severe symptoms and reduced quality of life“, Am J Gastroenterol, Bd. 108, Nr. 5, S. 634–641, Mai 2013, doi: 10.1038/ajg.2013.105.
[5] D. Gargano u. a., „Food Allergy and Intolerance: A Narrative Review on Nutritional Concerns“, Nutrients, Bd. 13, Nr. 5, S. 1638, Mai 2021, doi: 10.3390/nu13051638.
[6] NSW Food Authority, „Allergy and intolerance“, 01-Dez-2016. [Online]. Verfügbar unter: http://www.foodauthority.nsw.gov.au/foodsafetyandyou/life-events-and-food/allergy-and-intolerance. [Zugegriffen: 20-Feb-2018].
[7] Deutscher Allergie- und Asthmabund, „Laktose - Fruktose - Sorbit“, 20-Feb-2018. [Online]. Verfügbar unter: http://www.daab.de/lebensmittel-allergietag/laktose-fruktose-sorbit/. [Zugegriffen: 20-Feb-2018].
[8] R. Berni Canani, V. Pezzella, A. Amoroso, T. Cozzolino, C. Di Scala, und A. Passariello, „Diagnosing and Treating Intolerance to Carbohydrates in Children“, Nutrients, Bd. 8, Nr. 3, S. 157, März 2016.
[9] M. Hrubisko, R. Danis, M. Huorka, und M. Wawruch, „Histamine Intolerance—The More We Know the Less We Know. A Review“, Nutrients, Bd. 13, Nr. 7, S. 2228, Juni 2021, doi: 10.3390/nu13072228.