Ihr Kopf brummt und die Nase läuft, und das nach einem Glas Rotwein, einem Salamibrot oder einem Stück Schokolade? Das klingt erstmal nach einer Allergie. Doch auch eine Histaminintoleranz könnte dahinterstecken.
Histamin hat einen schlechten Ruf. Der Botenstoff ist vor allem dafür bekannt, Beschwerden hervorzurufen, insbesondere bei Allergien. Tatsächlich leistet Histamin jedoch wichtige Arbeit im Körper und ist für unsere Abwehrkräfte unerlässlich. Die Entzündungen, die das Histamin auslöst, dienen dazu, Krankheitserreger und Giftstoffe zu bekämpfen, die in den Körper gelangen.
Doch bei einigen Menschen schafft es der Körper nicht, das Histamin schnell genug abzubauen. Kommt dann noch Histamin über die Nahrung ins System, nehmen die Entzündungen überhand, es kommt zu Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und Juckreiz. Dann sprechen wir von einer Histaminintoleranz.
Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie einer möglichen Histaminintoleranz auf den Grund gehen können und welche Lebensmittel Sie meiden sollten, wenn Sie Histamin nicht vertragen.
Was ist Histamin?
Histamin ist ein sogenannter Botenstoff, der Informationen zwischen den Zellen weitergibt und unter anderem wichtig für unser Immunsystem ist. Histamin wird aus einer Aminosäure gebildet, die sowohl vom Körper selbst hergestellt als auch über die Nahrung aufgenommen wird.
Zu einer Histaminintoleranz kommt es erst dann, wenn Ihr Körper das Histamin nicht vollständig abbauen kann, nachdem er es genutzt hat [1].
Histamin gehört zur Gruppe der biogenen Amine, die in der Natur vorkommen und häufig bei Verderbnis- und Fäulnisprozessen gebildet werden [2].
Welche Funktionen hat Histamin im Körper?
Als Botenstoff übernimmt Histamin eine ganze Reihe von Aufgaben: Es leitet Reize von einem Nerv zum nächsten weiter, stellt Blutgefässe weit und sorgt dafür, dass sich die Muskulatur zusammenzieht und wieder entspannt. Weiterhin ist Histamin an der Verdauung von Fetten, dem Immunsystem, der Blutbildung, der Wundheilung und der Regulation des Schlafrhythmus beteiligt.
Ist zu viel Histamin im Körper, kann es aber auch bei genau diesen Aufgabengebieten zu Problemen kommen. Die Folge sind dann etwa Herz-Rhythmus-Störungen, Blutdruckschwankungen und Störungen in den Nervenbahnen [1].
Was ist eine Histaminintoleranz?
Bei einer Histaminintoleranz, auch Histaminunverträglichkeit genannt, ist vermutlich das Zusammenwirken von Histamin und zwei Enzymen gestört. Der Körper kann deswegen das Histamin nicht schnell genug abbauen, auch nicht das, das in Lebensmitteln steckt.
Kommt es nun zu Beschwerden, nachdem Sie stark histaminhaltige Lebensmittel gegessen haben, spricht man von einer Histaminintoleranz [1].
Wussten Sie, dass die Bezeichnung „Histaminintoleranz“ in Anlehnung an den Begriff Laktoseintoleranz entstanden ist? Auch für die Unverträglichkeit gegenüber Laktose ist ein Enzymmangel ausschlaggebend [3].
Welche Rolle hat die Diaminoxidase?
Im Zusammenhang mit der Histaminunverträglichkeit fällt oft der Begriff Diaminoxidase, kurz DAO. DAO ist das Enzym, das vor allem dafür zuständig ist, das Histamin abzubauen, das Sie über die Nahrung zu sich nehmen.
Daher rührt auch die gängigste Theorie zur Entstehung der Histaminintoleranz: Die Aktivität der DAO ist gestört, das Enzym baut das Histamin nur langsam ab, und das überschüssige Histamin sorgt für Beschwerden.
Histaminintoleranz und Lebensmittelallergie?
Die Histaminintoleranz ist keine Allergie. Es ist allerdings oft schwierig, beide Erkrankungen voneinander zu unterscheiden: Die Symptome beider Erkrankungen treten nach dem Verzehr von Lebensmitteln auf und sind so gut wie identisch. Daher wird die Histaminintoleranz auch Pseudoallergie genannt.
Umso wichtiger ist es, die Intoleranz klar von der Allergie abzugrenzen [4]. Auf die typischen Beschwerden hin veranlassen Ärzt*innen in der Regel einen Test auf Lebensmittelallergien, der bei einer Histaminintoleranz negativ ausfällt. Spätestens dann sollten Sie und Ihr*e Ärzt*in oder Therapeut*in auf eine mögliche Histaminintoleranz aufmerksam werden [2].
Natürlich kann es auch vorkommen, dass Sie sowohl unter einer Lebensmittelallergie als auch unter einer Histaminunverträglichkeit leiden. Dann sind aber in der Regel unterschiedliche Lebensmittel für die jeweiligen Reaktionen verantwortlich [5].
Ursachen einer Histaminintoleranz
Bislang fehlt aus wissenschaftlicher Sicht der endgültige Beweis, dass die Ursache der Histaminintoleranz ein Problem mit dem Enzym DAO ist. Einige Kritiker*innen vermuten sogar, dass das Krankheitsbild der Histaminintoleranz gar nicht existiert oder psychosomatisch bedingt ist [6].
Gut zu wissen: Wir vertragen alle nur eine bestimme Menge an Histamin! Bei gesunden Menschen sind das höchstens 100 Milligramm Histamin am Tag. So viel kann beispielsweise in verdorbenem Fisch stecken. Überschreiten wir diese Schwelle, spricht man von einer Vergiftung. Bei einer Histaminintoleranz reagieren Sie bei einer viel kleineren Dosis, die keine Vergiftung auslösen könnte [7, 8].
Was sind die Ursachen einer Histaminintoleranz?
Bei einer Histaminintoleranz kommt der Körper nicht hinterher, das Histamin abzubauen. Dafür gibt es zwei Erklärungsansätze [9]:
- Im Körper entsteht zu viel Histamin, zum Beispiel durch eine Überproduktion (aufgrund von Allergien, Bakterien oder Blutungen im Magen-Darm-Bereich) oder die Aufnahme von Histamin, Histidin oder anderen biogenen Aminen (in Form von Lebensmitteln oder Alkohol)
- Im Körper der Betroffenen ist zu wenig beziehungsweise nur die inaktive Form des Enzyms Diaminoxidase (DAO), das Histamin abbaut.
Das Resultat ist in beiden Fällen dasselbe: im Körper befindet sich zu viel Histamin [2].
Wie kommt es zum Enzym-Mangel?
Doch warum haben manche Menschen zu wenig von dem Enzym DAO? Auch hierfür gibt es verschiedene Erklärungsansätze und mögliche Ursachen, vor allem:
- Eine chronische Belastung des Darms
- Vitamin- und Zinkmangel
- Medikamente und Alkohol
Chronische Belastung des Darms
Chronische Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes tragen vermutlich zur Entstehung einer Histaminintoleranz bei. Personen mit einem Reizdarmsyndrom, einer Gastritis, Morbus Crohn oder Magen-Darmgeschwüren sind häufig betroffen. Veränderungen an der Darmschleimhaut führen in diesem Fall dazu, dass das Enzym DAO nicht mehr in ausreichender Menge produziert wird [10].
Medikamente und Alkohol
Weitere mögliche Ursachen für eine erworbene Histaminintoleranz sind Medikamente und Alkohol. Beide können die Aktivität des Enzyms DAO hemmen. Folgende Medikamenten-Wirkstoffe beeinflussen beispielsweise die Arbeit von DAO und damit den Histaminspiegel [2]:
Wirkstoff |
Worin enthalten? |
Acetylcystein (ACC) |
in Schmerzmitteln |
Ambroxol |
in Hustensaft |
Aminophyllin |
bei Asthma |
Amitriptylin |
bei Depressionen |
Chloroquin |
bei Malaria |
Isoniazid |
Antibiotikum |
Metamizol |
bei Koliken |
Metoclopramid |
bei Übelkeit |
Propafenon |
bei Herzrhythmusstörungen |
Verapamil |
bei koronaren Herzkrankheiten |
Nehmen Sie eines dieser Medikamente regelmässig ein und haben Symptome einer Histaminintoleranz erkannt? Dann halten Sie mit Ihrer*m Ärzt*in Rücksprache. Unter Umständen genügt es, das Medikament zu wechseln, um wieder beschwerdefrei zu sein.
Vitaminmangel und Zinkmangel
Vitamin B und Vitamin C arbeiten eng mit dem Enzym DAO zusammen, um Histamin im Körper abzubauen. Bei einem Mangel an den beiden Vitaminen kommt es deswegen auch zu einem erhöhten Histaminspiegel.
Einige Forscher*innen ziehen das als mögliche Erklärung für eine Histaminintoleranz bei Menschen heran, die keine reduzierten DAO-Werte hatten. Andere Fachleute bezweifeln allerdings, dass Vitamin B6 und Vitamin C wirklich dazu beitragen können, dass die Unverträglichkeit entsteht [10].
Gut zu wissen: Auf Umwegen kann auch der Mineralstoff Zink bei Histaminintoleranz helfen. Zink wird benötigt, um Vitamin B6 zu aktivieren, das wiederum das Enzym DAO beim Abbauen des Histamins unterstützt.
Kurz und knapp: Menschen mit Histaminintoleranz haben zu viel von dem Botenstoff Histamin im Körper, vor allem, nachdem sie histaminreiche Lebensmittel konsumiert haben. Der Grund könnte ein Enzymmangel sein, der durch Magen-Darm-Erkrankungen oder Medikamente zustande kommt.
Symptome einer Histaminintoleranz
Die Symptome einer Histaminintoleranz erinnern zunächst an eine allergische Reaktion. Das macht es oft knifflig, die Intoleranz zu erkennen. Beschwerden treten auf, nachdem Sie Lebensmittel mit hohem Histamingehalt verzehrt haben, meist unmittelbar oder bis zu zwei Stunden danach. Die Beschwerden können dann bis zu einen halben Tag oder länger andauern.
Das Histamin dockt an Zellen im ganzen Körper an und löst dort Entzündungsreaktionen aus. Deswegen macht sich auch eine Histaminintoleranz oft an vielen Stellen bemerkbar. Typische Symptome sind [1, 2]:
Körperregion |
Symptome |
Haut |
Rötung, Juckreiz, Schwellungen |
Magen-Darm-Trakt |
Krämpfe, Blutungen, Durchfall, |
Lunge und Atemwege |
Husten, Asthma, Verkrampfungen, laufende Nase, Schluckbeschwerden |
Herz-Kreislauf-System |
Blutdruckveränderungen, Herzklopfen, Herz-Rhythmus-Störungen, Bewusstlosigkeit |
Nervensystem |
Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel |
Die Symptome äussern sich nicht bei jedem gleich. Bei manchen Menschen treten Sie früher auf, bei anderen ist die Reaktion stärker, und die meisten entwickeln nur einen Teil der möglichen Beschwerden.
Ausserdem hat jede*r Betroffene eine unterschiedlich hohe individuelle Toleranzschwelle. Das bedeutet beispielsweise, dass der eine schon reagiert, wenn er nur am Rotwein genippt hat, während die andere erst etwas merkt, wenn sie ein ganzes Glas getrunken hat [4].
Histamin und Migräne
Histamin kann bei Menschen mit und ohne Migräne Kopfschmerzen verursachen [4]. Wie genau Migräne entsteht, ist noch nicht eindeutig geklärt. Vermutlich spielen Botenstoffen eine Rolle, die entzündliche Reaktionen auslösen.
Auch Histamin könnte beteiligt sein, indem es Gefässe erweitert und so den Migräneschmerz auslöst [11]. Für diese Theorie spricht: Studien haben bei Menschen mit Migräne häufig niedrige DAO-Konzentrationen im Blut festgestellt. Ausserdem beobachten viele Betroffene einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr histaminhaltiger Lebensmittel und ihren Migräneattacken [12].
Histaminintoleranz und weibliche Sexualhormone
Wissenschaftler*innen haben beobachtet, dass Schwangere seltener unter den Beschwerden einer Histaminintoleranz leiden. Vor allem Migräne und Kopfschmerzen kommen während der Schwangerschaft seltener oder überhaupt nicht mehr vor.
Das könnte daran liegen, dass Hormonschwankungen in der Schwangerschaft dafür sorgen, dass sich deutlich mehr DAO im Körper befindet. Nach der Geburt normalisieren sich die Werte wieder und die Histaminintoleranz kehrt meist in voller Stärke zurück [4].
Während der Menstruation können ausserdem die Beschwerden der Histaminintoleranz intensiver ausfallen. Andersherum haben Frauen mit Histaminintoleranz häufig stärkere Menstruationsbeschwerden, vor allem schmerzhafte Krämpfe im Unterleib.
Histamin hängt mit den weiblichen Sexualhormonen zusammen: Ist viel Histamin im Körper, fördert das die Bildung von Östrogenen und hemmt die Bildung von Progesteron. Das führt dazu, dass vermehrt Schmerzbotenstoffe ausgeschüttet werden und die Regelbeschwerden heftiger ausfallen [13, 15-17].
Histamin und Neurodermitis
Eine Histaminintoleranz gilt als möglicher Auslöser eines Schubs der Neurodermitis. Bei der Hautkrankheit kommt es zu Juckreiz und trockenen Hautausschlägen, der Botenstoff Histamin spielt dabei eine wichtige Rolle.
Studien zeigten, dass Neurodermitis-Patient*innen oft zu wenig von dem Enzym DAO und zu viel Histamin im Blut haben. Vermutlich kann eine histaminarme Ernährung zu einem besseren Hautbild und selteneren Krankheitsschüben führen. In der Ernährungstherapie wird Menschen mit Neurodermitis deswegen häufig empfohlen, histaminreiche Lebensmittel zu meiden [16, 20].
Therapie der Histaminintoleranz
Leiden Sie unter einer Histaminintoleranz, ist die effektivste Therapie, soweit es geht auf sehr histaminreiche Lebensmittel zu verzichten. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Histamin steckt in zahlreichen Lebensmitteln und Hersteller müssen keinen Hinweis auf die Verpackung drucken, wenn Histamin enthalten ist.
Es ist ausserdem überhaupt nicht möglich, Histamin völlig zu umgehen, da es so gut wie überall zumindest in kleinen Mengen enthalten ist. Aber vielen Betroffenen hilft es, bestimmte Lebensmittel zu meiden, die sehr viel Histamin enthalten oder die die Produktion des Botenstoffs fördern.
Wie behandelt man eine Histaminintoleranz?
Bei Ihnen liegt ein begründeter Verdacht auf eine Histaminintoleranz vor? Dann können Sie Ihren Speiseplan stufenweise umgestalten. Das passiert in mehreren Phasen:
- Phase: Karenzphase
Zu Beginn sollten Sie für 14 Tage histaminreiche Lebensmittel vom Speiseplan streichen. Stellt sich rasch eine Besserung ein, ist das ein deutlicher Hinweis auf eine Unverträglichkeit gegenüber Histamin.
- Phase: Testphase
Nach der 14-tägigen strengen Karenz dürfen Sie nun schrittweise und in kleinen Mengen Histamin wieder in den Speiseplan einbauen. Testen Sie am besten nur ein Lebensmittel pro Tag. Das Ziel ist es, Ihre Verträglichkeit, die sogenannte Toleranzschwelle, zu prüfen. Am besten führen Sie ein Symptomtagebuch, in dem Sie auflisten, was Sie wann gegessen haben und welche Symptome zu welchen Zeitpunkten aufgetreten sind. So finden Sie heraus, welche Lebensmittel Sie vertragen und in welcher Menge.
Die Testphase sollte etwa sechs bis acht Wochen andauern. In dieser Zeit können Sie dann auch beobachten, welche anderen Faktoren Ihre Beschwerden beeinflussen. Das können etwa Stress, Medikamente und Menstruation sein.
- Phase: Dauerernährung
Die dritte Phase haben Sie erreicht, wenn Sie einen Überblick darüber haben, welche Lebensmittel Sie in welchen Mengen vertragen. In der Regel bleibt dann ein Speiseplan, der weiterhin eine ausgewogene und leckere Ernährung ermöglicht. Im besten Fall können Sie diese Ernährungsweise für längere Zeit einhalten - deswegen sprechen Ärzt*innen und Therapeut*innen von der Phase der Dauerernährung [17].
Welche Lebensmittel darf ich bei Histaminintoleranz nicht essen?
Histamin steckt vor allem in Lebensmittel, die fermentiert sind oder bei denen Gärprozesse eine Rolle spielen, also etwa in solchen, die lange gereift sind. So enthält beispielsweise fangfrischer Fisch kaum Histamin, während stark verarbeiteter und konservierter Fisch sehr histaminhaltig wird. Generell ist die Liste histaminhaltiger Lebensmittel lang [17].
Histaminhaltige Lebensmittel
Lebensmittel |
Histaminhaltig |
Verträgliche Alternativen |
Fisch |
Fischkonserven (Thunfisch, Sardellen, Makrelen), marinierte und geräucherte Fische |
Fangfrische (!) heimische Fische oder tiefgekühlte Fische |
Käse |
Reife Sorten wie Parmesan, Emmentaler, Bergkäse, Blauschimmelkäse, reifer Camembert, Rohmilchkäse |
Gervais, Hüttenkäse, Topfen, Mozzarella, Butterkäse, junger Gouda |
Fleisch / Wurst |
Gepökelte, geräucherte und luftgetrocknete Wurst und Fleischwaren wie Salami, Rohschinken, Speck |
Koch- und Brühwurstsorten wie Weisswurst, Schinkenwurst, gekochter Schinken |
Gemüse |
Sauerkraut, Spinat, Tomaten, Tomatenerzeugnisse wie Ketchup, Tomatenmark, Tomatensosse; Avocado, Melanzani, Essiggemüse |
Alle anderen Sorten in roher oder gedünsteter Form |
Obst |
Reife Bananen, Kiwi, Erdbeeren, Ananas, Zitrusfrüchte |
Alle anderen Sorten, auch Säfte |
Süssigkeiten |
Schokolade, Kakao |
Kuchen und Kekse ohne Schokolade/Nüsse |
Knabbereien / Sonstiges |
Erdnüsse, Haselnüsse, Walnüsse; glutamathaltige Knabberartikel, Balsamicoessig |
Popcorn, Hirsebällchen, Salzgebäck, Grissini, Cracker, alle anderen Essigsorten |
Alkohol |
Rotweine, Dessertweine, französischer Champagner, Prosecco, obergärige Biere (Weizenbier), im Fass gereifte Spirituosen (Whisky, Cognac), Liköre |
Weisswein, histaminarme Rotweine, histaminarmer Sekt oder Champagner, alkoholfreies Bier (meist), Pils, klare Schnäpse, Wodka, Gin |
Alkoholische Getränke fördern die Freisetzung von Histamin. Vor allem in der Karenz-Phase kann es sich deshalb lohnen, auf Alkohol zu verzichten.
Gut zu wissen: Leider bekommen Sie das Histamin beim Kochen nicht aus Lebensmitteln heraus, egal ob Sie sie einfrieren, backen, braten oder in die Mikrowelle stecken. Hitze und Kälte können Histamin nicht zerstören [2].
Weitere Ernährungs-Tipps
Es gibt nicht nur Lebensmittel, die selbst viel Histamin enthalten – sondern auch solche, die dafür sorgen, dass der Körper mehr Histamin freisetzt. Dazu gehören [18]:
- Erdbeeren, Zitrusfrüchte, Ananas, Kiwi
- Meeresfrüchte
- Milch
Wieder andere Nahrungsmittel können das Histamin-abbauende Enzym DAO stören [18]:
- Schokolade
- Obst: Zitrusfrüchte, Ananas, Papaya, Himbeeren, Birnen, Bananen
- Tomaten und Hülsenfrüchte
- Weizenkeime
- Cashewnüsse, Walnüsse
Leiden Sie unter eine Histaminintoleranz, sollten Sie auch darauf achten, ob diese Lebensmittel einen Einfluss auf Ihre Beschwerden haben.
Gut zu wissen: Der Histamingehalt in Nahrungsmitteln kann stark schwanken, je nachdem, wie frisch und reif das Lebensmittel ist und um welche Sorte es sich genau handelt [2].
Darmsanierung und Histaminintoleranz
Ein gesunder Darm kann zu einer verbesserten Produktion des Enzyms DAO beitragen. Ist Ihre Darmschleimhaut entzündet oder beschädigt, kann das Enzym nicht mehr ausreichend hergestellt werden.
Eine Fehlbesiedlung von Bakterien im Darm, der Darmflora, kann ein weiteres Problem darstellen. Hier kann eine Darmsanierung Abhilfe schaffen und die Entstehung der DAO-Enzyme wieder anfeuern. Ein Wiederaufbau der natürlichen Besiedelung mit Mikroorganismen mindestens einmal jährlich ist dafür der Grundbaustein. Es lohnt sich: Denn eine erworbene Histaminintoleranz kann so gelindert oder sogar geheilt werden.
Helfen Tabletten bei Histaminintoleranz?
Eine Histaminintoleranz kann nicht durch Tabletten geheilt werden. Medikamente können Ihnen zwar helfen, die Symptome kurzfristig zu lindern. Aber auch mit Tabletten sollten Sie weiter auf Rotwein, reifen Käse und Co. verzichten. Die gängigsten Medikamente sind Antihistaminika und das Produkt DAOsin.
Wann sind Antihistaminika sinnvoll?
Antihistaminika hindern Zellen des Immunsystems daran, Histamin abzugeben. Sie sind auch der Wirkstoff von Anti-Allergie-Tabletten. Ob sie gegen eine Histaminintoleranz helfen, hängt von Ihren Symptomen ab.
Kommt es wegen der Unverträglichkeit zu Durchfällen, können Antihistaminika oft helfen. Bei Kopfschmerzen wiederum sind sie weniger wirksam. In der Regel verschreiben ohnehin Ärzt*innen die Antihistaminika, um gegen bestimmte Symptome vorzugehen. Sie sollten Sie nicht dauerhaft einnehmen.
Medikamente für das Essen ausser Haus
Gerade bei Festen und Restaurantbesuchen ist es oft schwierig, histaminhaltigem Essen ganz aus dem Weg zu gehen. Viele Betroffene setzen für solche Fälle auf das Produkt DAOsin des Pharma-Herstellers STADA. Das Nahrungsergänzungsmittel enthält aus Tieren gewonnenes DAO. Es soll Ihren Darm dabei unterstützen, Histamin abzubauen. In Studien konnte die Wirkung des Mittels bislang nicht bestätigt werden – einige Experten sagen, dass es derzeit kein Medikament gibt, das die Aktivität des Enzyms DAO steigern kann [17].
Kurz und knapp: Bei Verdacht auf eine Histaminintoleranz sollten Sie Alkohol, histaminreiche Nahrungsmittel und solche, die Histamin freisetzen können, meiden. Gegen die Symptome können Sie kurzfristig Antihistaminika einnehmen.
Histaminintoleranz testen
Es ist noch nicht genau bekannt, was bei einer Histaminintoleranz im Körper passiert. Deswegen haben Mediziner bislang kein standardisiertes Verfahren, um die Unverträglichkeit zu messen. Der erste Schritt ist in der Regel, die Symptome festzustellen und gezielt Lebensmittel wegzulassen, um mögliche Veränderungen zu beobachten. Auch Bluttests auf Histaminintoleranz sind eine Option.
Welcher Test sagt mir, dass ich eine Histaminintoleranz habe?
Es gibt zwei Wege, einem Anfangsverdacht nachzugehen:
1. Provokationstest: Hier verabreicht Ihnen Ihr*e Ärzt*in eine bestimmte Menge Histamin, in der Regel in Tablettenform. An einem anderen Tag erhalten Sie eine weitere Tablette ohne Histamin. Ihr*e Ärzt*in beobachtet jeweils, wie Ihr Körper reagiert [3].
2. Labordiagnostik: In der Praxis und in wissenschaftlichen Studien wird immer mehr das DAO-Enzym mit einem Bluttest gemessen. Studien zeigen, dass Menschen, die eine Histaminintoleranz beobachtet hatten, deutlich geringere Konzentrationen des Enzyms im Blut hatten als gesunde Kontrollgruppen [3, 14, 15].
Die Messung des Methylhistamins im Urin wiederum steht stark in der Kritik. Der Wert ist einigen Expert*innen zufolge sehr ungenau und kann auch aufgrund einer eiweissreichen Ernährung erhöht sein.
Wo kann ich einen Histaminintoleranz-Test machen?
Wollen Sie einen Histaminintoleranz-Test durchführen, können Sie das zum Beispiel bei Ärzt*innen oder mit einem Selbsttest tun. Oft bieten Hausärzt*innen auch DAO-Tests an, die allerdings nicht immer von der Krankenkasse übernommen werden. Ärzt*innen werden Sie in der Regel zu Ihren Beschwerden befragen und Sie vielleicht dazu anleiten, ein Symptomtagebuch zu führen.
Welche anderen Krankheiten sollte ich abklären?
Die Symptome, die auf eine Histaminintoleranz hinweisen, können auch mit anderen gesundheitlichen Problemen zusammenhängen. Vor allem, wenn Sie regelmässig Beschwerden im Magen-Darm-Bereich haben, sollten Sie mit einer*m Ärzt*in mögliche entzündliche Darmerkrankungen abklären, wie Gastritis und Morbus Crohn. Ausserdem können zusätzlich andere Unverträglichkeiten wie Laktoseintoleranz, Fructoseintoleranz und Sorbitintoleranz vorliegen [2].
Histaminintoleranz: Auf einen Blick
Was ist Histamin?
Histamin ist ein Botenstoff mit wichtigen Funktionen für das Immunsystem. Es ist aber auch für die Beschwerden bei einer Allergie verantwortlich.
Was ist eine Histaminintoleranz?
Menschen mit Histaminintoleranz haben eine Unverträglichkeit gegenüber histaminreichen Lebensmitteln. Vermutlich haben Sie bei einer Histaminintoleranz zu wenig von dem Enzym DAO im Körper, das Histamin abbaut.
Welche Symptome hat eine Histaminintoleranz?
Typische Symptome sind Kopfschmerzen, laufende Nase, Herz-Rhythmus-Störungen und Hautausschläge. Die Histaminintoleranz kann ausserdem die Symptome von Regelbeschwerden, Migräne und Neurodermitis heftiger ausfallen lassen.
Was ist die Ursache einer Histaminintoleranz?
Derzeit haben Forscher*innen die Ursache der Histaminintoleranz noch nicht komplett ergründet. Einige gehen davon aus, dass chronische Magen-Darmerkrankungen, Medikamente und Alkohol dafür sorgen können, dass das Enzym DAO seiner Arbeit nicht richtig nachgehen kann.
Was kann ich gegen eine Histaminintoleranz tun?
Es gibt kein Medikament, dass die Unverträglichkeit heilen kann. Sie können lediglich versuchen, mit Antihistaminika die Beschwerden kurzfristig zu lindern. Die einzige effektive Therapie ist, histaminreiche Lebensmittel möglichst zu meiden, am besten mit einer dreistufigen Ernährungsumstellung.
Welche Lebensmittel enthalten viel Histamin?
Histamin kommt vor allem in fermentierten und stark gereiften Lebensmitteln vor – zum Beispiel in Fischkonserven, Rotwein, reifem Käse und gepökelter Wurst.
Quellen
[1] E. Kovacova-Hanuskova, T. Buday, S. Gavliakova, und J. Plevkova, „Histamine, histamine intoxication and intolerance“, Allergologia et Immunopathologia, Bd. 43, Nr. 5, S. 498–506, Sep. 2015.
[2] M. Pfisterer und I. Mayer, „Histaminintoleranz - aktueller Stand der Technik von Diagnose und Therapie“, EHK, Bd. 57, Nr. 02, S. 110–114, Feb. 2008.
[3] I. REESE, B. BALLMER-WEBER, K. BEYER, S. ERDMANN, T. FUCHS, und J. KLEINE-, „Vorgehen bei Verdacht auf Unverträglichkeit gegenüber oral aufgenommenem Histamin“, Allergo J, S. 7.
[4] Redaktion Deutsches Ärzteblatt, „Die verschiedenen Gesichter der Histaminintoleranz“, 25-Apr-2018. [Online]. Verfügbar unter: https://www.aerzteblatt.de/archiv/53958/Die-verschiedenen-Gesichter-der-Histaminintoleranz. [Zugegriffen: 25-Apr-2018].
[5] „Histamin-Unverträglichkeit (4)“, 25-Apr-2018. [Online]. Verfügbar unter: http://www.aerztezeitung.at/archiv/oeaez-2005/oeaez-11-10062005/histamin-unvertraeglichkeit-4.html. [Zugegriffen: 25-Apr-2018].
[6] J. Sattler, D. Häfner, H. J. Klotter, W. Lorenz, und P. K. Wagner, „Food-induced histaminosis as an epidemiological problem: plasma histamine elevation and haemodynamic alterations after oral histamine administration and blockade of diamine oxidase (DAO)“, Agents Actions, Bd. 23, Nr. 3–4, S. 361–365, Apr. 1988.
[7] G. Kanny u. a., „No correlation between wine intolerance and histamine content of wine“, J. Allergy Clin. Immunol., Bd. 107, Nr. 2, S. 375–378, Feb. 2001.
[8] S. Wöhrl, W. Hemmer, M. Focke, K. Rappersberger, und R. Jarisch, „Histamine intolerance-like symptoms in healthy volunteers after oral provocation with liquid histamine“, Allergy Asthma Proc, Bd. 25, Nr. 5, S. 305–311, Okt. 2004.
[9] G. Manzotti, D. Breda, M. Di Gioacchino, und S. Burastero, „Serum diamine oxidase activity in patients with histamine intolerance“, Int J Immunopathol Pharmacol, Bd. 29, Nr. 1, S. 105–111, März 2016.
[10] L. Maintz und N. Novak, „Histamine and histamine intolerance“, Am J Clin Nutr, Bd. 85, Nr. 5, S. 1185–1196, Mai 2007.
[11] P. Berlit, Basiswissen Neurologie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2014.
[12] K. B. Alstadhaug, „Histamine in Migraine and Brain“, Headache: The Journal of Head and Face Pain, Bd. 54, Nr. 2, S. 246–259, Feb. 2014.
[13] Deutsches Ärzteblatt, „Die verschiedenen Gesichter der Histaminintoleranz“, Deutsches Ärzteblatt, 25-Dez-2006. [Online]. Verfügbar unter: https://www.aerzteblatt.de/archiv/53958/Die-verschiedenen-Gesichter-der-Histaminintoleranz. [Zugegriffen: 23-Apr-2019].
[14] E. Rubio, L. A. Estañ, F. J. Morales-Olivas, und I. Martinez-Mir, „Influence of hormonal treatment on the response of the rat isolated uterus to histamine and histamine receptor agonists“, European Journal of Pharmacology, Bd. 212, Nr. 1, S. 31–36, Feb. 1992.
[15] Y. Hamada u. a., „Effect of the menstrual cycle on serum diamine oxidase levels in healthy women“, Clin. Biochem., Bd. 46, Nr. 1–2, S. 99–102, Jan. 2013.
[16] B. Guida u. a., „Histamine plasma levels and elimination diet in chronic idiopathic urticaria“, Eur J Clin Nutr, Bd. 54, Nr. 2, S. 155–158, Feb. 2000.
[17] Spiesz, K., „Bericht & Report: Histaminunverträglichkeit“, journal für ernährungsmedizin, Bd. 13, Nr. 4, S. 5, 2011.
[18] R. Jarisch, Histamin- Intoleranz. Stuttgart: Thieme, Stuttgart, 2004.
[19] E. Mušič, P. Korošec, M. Šilar, K. Adamič, M. Košnik, und M. Rijavec, „Serum diamine oxidase activity as a diagnostic test for histamine intolerance“, Wien. Klin. Wochenschr., Bd. 125, Nr. 9–10, S. 239–243, Mai 2013.
[20] L. Maintz, S. Benfadal, J.-P. Allam, T. Hagemann, R. Fimmers, und N. Novak, „Evidence for a reduced histamine degradation capacity in a subgroup of patients with atopic eczema“, J. Allergy Clin. Immunol., Bd. 117, Nr. 5, S. 1106–1112, Mai 2006.